Mit St. Konrad im Heiligen Land

BrŸder und Schwestern in Christus!

Ihr feiert in diesen Tagen wie jedes Jahr euer berŸhmtes Konradi-Triduum, um euren gro§en heiligen Bischof zu verehren und aus seinem Leben zu lernen. Zum Halten der Predigten bei diesem Triduum pflegt euer hochverehrter MŸnsterpfarrer immer einen Prediger von auswŠrts einzuladen. Diesmal fiel seine Wahl auf einen Priester aus Salzburg.

In der bayerischen Nachbarschaft Salzburgs liegt der gro§e Marienwallfahrtsort Altštting mit dem Grab des hl. Johannes Birndorfer, der als Kapuziner-Laienbruder den Namen eures gro§en Bischofs Konrad trug als Bruder Konrad von Parzham. Und da ich vor 14 Tagen noch mit eurem verehrten MŸnsterpfarrer in Altštting in der Nachbarschaft dieses jŸngsten deutschen Heiligen beisammen war, hat es mich ein wenig gereizt, in meinen Predigten bei eurem Konradi-Triduum einen Vergleich anzustellen zwischen dem  hl. Konrad von Konstanz und dem hl. Konrad von Parzham, die auf den ersten Blick schon so unŠhnlich sind, denn der eine stammte aus dem hochadeligen Geschlecht der Welfen, der andere aus einer ganz bescheidenen, unbedeutenden Bauernfamilie, der eine war gegen Ende des. 10. Jahrhunderts 42 Jahre lang Bischof, der andere gegen Ende des 19. Jahrhunderts 42 Jahre lang Pfortenbruder eines Kapuzinerklosters. So kšnnte man noch weitere Unterschiede kontrastreicher Art zwischen diesen beiden deutschen Heiligen gleichen Namens aus der sŸdwestlichen und aus der sŸdšstlichen Ecke der Bundesrepublik aufzeigen und dabei doch manches daraus lernen, weil man sehen wŸrde, wie zwei MŠnner verschiedenster Herkunft und aus ganz verschiedener Zeit auf sehr verschiedenem Wege, aber in sehr bewusster Nachfolge Christi und in unverbrŸchlicher Treue zur Kirche die Heiligkeit erlangten.

Das allein wŠre doch bereits ein sehr aktuelles Thema, wo doch das II. Vaticanum im 5. Kapitel seiner Dogmatischen Konstitution Ÿber die Kirche ãdie allgemeine Berufung zur HeiligkeitÒ so stark betont hat, unsere Zeit mit ihrer Sex- und Suchtwelle aber so furchtbar weit davon entfernt ist, diese Berufung ernst zu nehmen.

Als ich dann aber den Vergleich zwischen den beiden hl. Konrad in meinen †berlegungen fortsetzte, dachte ich mir, dass ein solcher Vergleich, so reizend er ist, doch wohl zu wenig ergiebig ist fŸr Predigten bei einem festlichen Triduum. So griff ich schlie§lich zu den Šltesten Biographien eures hl. Bischofs Konrad, um mir daraus Anregungen zu holen. Ich studierte die von Mšnch Udalschalk verfasste Vita prior Sancti Conradi und deren spŠtere †berarbeitung, die Vita posterior, wie sie Propst Heinrich von Kreuzlingen um 1147 verfasste. Was mir darin auffiel, war nicht so sehr die Schilderung der Tugenden eines seeleneifrigen, klugen, frommen Bischofs, der ein gutes Herz und offene HŠnde fŸr die Armen hatte, mehrere Kirchen erbaute und wortgewaltig die gesunde Lehre der Offenbarungswahrheiten unermŸdlich verkŸndete, sondern es war die Tatsache, dass dieser heilige Bischof damals im dunklen 10. Jahrhundert zweifellos unter grš§ten MŸhen, Anstrengungen und Opfern nicht nur einmal, sondern sogar dreimal in das Heilige Land gepilgert ist. Das brachte mich schlie§lich auf den Gedanken, als Thema der Triduums Predigten dies zu wŠhlen: ãMit St. Konrad auf Pilgerfahrt im Hl. LandÒ.

In seinem wertvollen Buch ãDie heiligen StŠtten der EvangelienÒ (Verlag Fr. Pustet Regensburg 1959, S. 5) schreibt Clemens Kopp im Vorwort: ãWer PalŠstina nicht in raschem Tempo einer Pilger- oder Touristengruppe besucht, sondern es allein fŸr einige Zeit durchwandert, wird ein StŸck seiner Seele in ihm zurŸcklassen... Das war meine Erfahrung, als ich erstmals das Hl. Land als EinzelgŠnger fŸr volle sechs Wochen durchstreifte, meistens zu Fu§. Die Szenen der Hl. Schrift, blass und entrŸckt in der Studierstube, wurden lebendige Gegenwart.Ò

So Šhnlich mag es dem hl. Bischof Konrad ergangen sein. Darum wiederholte er seine H l. Land-Pilgerfahrt ein zweites und ein drittes Mal und kam nicht mehr davon los. Und wenn das in den beiden Šltesten Biographien des hl. Konrad ausdrŸcklich und relativ ausfŸhrlich hervorgehoben und erwŠhnt wird, so muss es doch wohl seine Bedeutung haben, auch vielleicht noch fŸr unsere Zeit. Darum ist es wohl nicht bei den Haaren herbeigezogen, wenn ich fŸr die Triduums Predigten das genannte Thema wŠhlte: Mit St. Konrad auf Pilgerfahrt im Hl. Land!

Wir kšnnen uns ja aus alten Dokumenten ein ziemlich genaues Bild machen Ÿber die Hl. Land-Pilgerfahrten des hl. Bischofs Konrad, denn wenn  wir auch keinen Pilgerbericht von ihm selbst besitzen, so doch zwei Pilgerberichte aus der Zeit vor und aus der Zeit nach dem Leben des Heiligen. Es ist uns von dem frŠnkischen Mšnch Bernhard aus dem Jahre 870 ein aufschlussreicher Pilgerbericht Ÿberliefert und ebenso ein solcher von Johannes von WŸrzburg aus dem Jahre 1165. Genau im Jahrhundert zwischen den Daten der Abfassung dieser beiden Pilgerberichte ist die dreimalige Hl. Land-Pilgerfahrt des hl. Bischofs Konrad anzusetzen.

Was aber mag den Heiligen im Hl. Land besonders beeindruckt haben?

Vielleicht war es zunŠchst die €hnlichkeit der Landschaft hier in seinem Bistum und drŸben in PalŠstina: Hier der Bodensee, dort der See Genezareth, hier die an den Seeufern aufsteigenden HŸgel mit den Ÿppigen Weinbergen, dort ganz Šhnliche Szenerie; dann aber waren es sicher die heiligen StŠdte Nazareth, Bethlehem und Jerusalem, die den bischšflichen Pilger tief beeindruckten. Sicher aber waren es auch die biblischen berge, die im Alten wie im Neuen Testament eine so bedeutsame heilsgeschichtliche Rolle gespielt hatten. (Man muss sich nur an diese Berge erinnern: an den Berg Horeb, auf welchem Moses, der FŸhrer des alttestamentlichen Gottesvolkes seine Berufung erhielt; an den Berg Sinai dann, den Gott durch die VerkŸndigung seines Gesetzes und durch die spŸrbare NŠhe seiner majestŠtsvollen Herrlichkeit geheiligt hat; den Berg Sion hierauf, auf dem Gott den fŸr seine Verherrlichung bestimmten Tempel erbauen lie§; schlie§lich  die neutestamentlichen Berge: der Berg der Seligpreisungen, auf dem Christus das Grundgesetz des neutestamentlichen Gottesvolkes verkŸndete; der Berg Tabor, auf dem die VerklŠrung des Gottmenschen stattfand, bei der seine menschliche Leiblichkeit zum Transparent fŸr seine lichtvolle Gottnatur wurde. Und dann der heiligste Berg, Golgotha, auf dem der ewige Hohepriester das unendlich wertvolle Opfer der Versšhnung und Erlšsung darbrachte, so wie einst der Patriarch Abraham auf dem Berg Moria seinen Sohn Isaak hinzuopfern beriet war. Von  einem Berg aus, vom …lberg aus hat dann der auferstandene Herr vor seiner Himmelfahrt die Apostel in alle Welt gesandt mit dem Auftrag, alle Všlker zu lehren und zu taufen. Auf einen Berg, auf einen ragenden Fels wollte Christus im Angesicht des schneebedeckten Hermonberges seine Kirche bauen, auf dass sie wie ãeine Stadt auf dem Berge sei, die nicht verborgen bleiben kannÒ. Auf den Bergen hat Christus Ÿberdies immer wieder traute Zwiesprache mit seinem himmlischen Vater gehalten in nŠchtlichem Gebet.)

Das kann doch nicht Zufall sein, sondern muss doch wohl bewusste FŸgung dessen sein, den die  Hl. Schrift (1 Kg 20,23) den ãGott der BergeÒ nennt. Die biblischen Berge sollten uns Menschen nach dem Willen Gottes und Christi StŸtzpunkte und Fixpunkte unseres Glaubens sowie Sinnbilder und Gleichnisse fŸr unser geistliches Ringen und Streben in der pilgernden Kirche sein. So kann ich es mir nicht anders vorstellen, als dass der hl. Konrad bei seiner dreimaligen Hl. Land-Pilgerfahrt von den Bergen des Hl. Landes beeindruckt war und darin einen Antrieb fŸr sein sittliches Hšherstreben sah. Wie Gott etwas den Moses und den Elias eingeladen hat: ãSteig herauf zu Mir auf den Berg und bleibe hier!Ò, so mag auch dem hl. Konrad von den Bergen des hl. Landes ein eindringliches ãSursum!Ò entgegengeklungen sein: AufwŠrts! Hinauf zur Hšhe der Vollkommenheit! Ob das allein nicht schon fŸr uns alle eine wichtige Mahnung sein kšnnte? So viele auch unter den Katholiken, sogar unter den Priestern und Ordensleuten, geben sich heute, angesteckt von der materialistischen Denk- und Lebensweise, mit irdischem Wohlstand und Wohlleben zufrieden; die aber nur im Tal unten leben, vielleicht gar im Sumpf der ãdolce vitaÒ, die haben keine gro§en und hohen Gedanken, sie sind geistig und geistlich eng und begrenzt, ja beschrŠnkt. Was sie in ihrem engen Horizont ausfŸllt, ist oft nur noch Genuss, Sex, VergnŸgen, kurz das, was der Apostel Johannes ãAugenlust, Fleischeslust und Hoffart des LebensÒ nennt. Wenn es hochgeht, beschŠftigen sie sich noch mit dem, was ihnen die Ratio zu zeigen vermag, vergessen aber, dass das nicht alles ist, weil die Revelatio, die Offenbarung uns Menschen mehr zeigen vermag, sie zeigt uns die Gipfel und lichten Hšhen des Transzendenten. Um sie zu erreichen, braucht es Glauben und Vertrauen und ein tapferes Herz gemŠ§ dem Wort des Herrn: ãDas Himmelreich leidet Gewalt und nur die Gewalt gebrauchen, rei§en es an sich!Ò (Mt 11,12). Gilt nicht gerade fŸr den Einstieg ins geistliche Leben und fŸr den Aufstieg zur sittlichen Hšhe und Vollkommenheit das Wort des Herrn bei Mt. 7,14: ãWie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben fŸhrt, und nur wenige sind es, die ihn finden!Ò? Und doch hat das II. Vaticanum im 5. Kapitel der Kirchenkonstitution so stark betont, dass nicht nur die Ordensleute und Priester, sondern auch die Weltchristen, die Laien, zur Hšhe der Vollkommenheit und Heiligkeit berufen sind. Gerade in unserer entscheidungsvollen Zeit dŸrfen wir uns nicht mit armseligen Brauchtumschristentum und noch armseligerem Durchschnittschristentum und einem erbŠrmlichen Minimalismus zufrieden geben, wir alle sollten immer wieder nach dem Vorbild der  Heiligen, unserer Heiligen, die es uns vorgemacht haben, Ernst machen mit dem AufwŠrtsstreben heraus aus dem Halben und Lauen, aus dem Niedrigen und Gemeinen, hinauf zur Hšhe echten Christentums, das in der Nachfolge Christi, im gelebten Evangelium, ja in der Vollkommenheit und Heiligkeit besteht.

Jedes Ringen und Streben hinauf zur Hšhe der Vollkommenheit und Heiligkeit muss aber unbedingt beginnen mit der Treue gegen Gottes Gebote, wie sie uns Menschen kundgetan wurden auf dem Berg Sinai. Wenn ich in meinen Predigten ein paar biblische Berge herausgreife, die sicher den hl. Bischof Konrad bei seiner dreimaligen Hl. Land-Pilgerfahrt besonders beeindruckt haben, so soll als erster dieser Berge der Berg Sinai vor unserem Geistesauge erstehen. Ob ihn der hl. Konrad bestiegen hat, wissen wir nicht, aber er mag sich zumindest sehr lebhaft an das gewaltige Geschehen auf diesem wuchtigen Bergmassiv erinnert haben, als mehrmals an Moses, den FŸhrer des alttestamentlichen Gottesvolkes, der Auftrag Gottes erging, den Berg Sinai zu besteigen, dort oben die erschŸtternde Grš§e Gottes zu erleben und in den zwei Gesetzestafeln jene 10 Gebote zu empfangen, die das Grundgesetz und Bundesgesetz bilden sollten, an das sich das alttestamentliche und neutestamentliche Volk Gottes in Treue halten sollte.

Gott hat von Anfang an  den Menschen sein Gebot ins Herz geschrieben im Gewissen, das die Menschen darŸber belehrt, was gut und was bšse ist, was sie tun und was sie meiden sollen. Damit die Menschen aber unverrŸckbar klar um Gottes heiligen Willen wŸssten, hat Gott ihn auch in Worten geoffenbart. Als Szenerie fŸr diese Offenbarung wŠhlte Gott jenen Berg, der in seiner himmelragenden Hšhe und in seinem wuchtigen Felsmassiv von Gottes furchtgebietender Grš§e und MajestŠt spricht. Hier verkŸndete Gott unter Blitz und Donner und erschreckenden Naturerscheinungen in lapidarer Sprache seinen Heiligen Willen: ãHšre, Israel, Ich bin der Herr, Dein Gott: Du sollst keine anderen Gštter neben mir haben! Du sollst den Namen des Herrn, Deines Gottes, nicht missbrauchen! Du sollst den Tag des Herrn heiligen! Sechs Tage sollst Du arbeiten und alle GeschŠfte verrichten. Doch der siebte Tag ist ein Ruhetag fŸr den Herrn, Deinen Gott... Du sollst Vater und Mutter ehren... Du sollst nicht morden! Du sollst nicht ehebrechen! Du sollst nicht stehlen! Du sollst gegen Deinen NŠchsten keine LŸge reden! Du sollst nicht das Haus Deines NŠchsten begehren! Du sollst nicht das Weib Deines NŠchsten begehren!

Dass Gott diese Offenbarung seines heiligen Willens an das unansehnliche, erst am Anfang seiner Geschichte stehende Judenvolk von damals richtete, ist Geheimnis gšttlicher ErwŠhlung.  Dass aber diese Offenbarung Gottes Ÿber seinen heiligen Willen nicht an das Judenvolk allein gerichtet war, sondern an alle Menschen, das bestŠtigte der Moses des Neuen Bundes, der FŸhrer des neutestamentlichen Gottesvolkes, Jesus Christus, der in seiner Bergpredigt erklŠrt hat, dass kein Jota und kein Strichlein vom Gesetz Gottes gestrichen werden darf. Ohne nationale oder rassische EinschrŠnkung gilt das zehnfache Gottesgebot fŸr alle Menschen und alle Všlker und es hat sich immer wieder als die sicherste und beste Grundlage des sittlichen Ringens und Strebens des Einzelmenschen und als die sicherste und tragfŠhigste Grundlage von Wohlfahrt und Kultur, von Friede und wahrer Freiheit der Všlker erwiesen. Wo die 10 Gebote gelten, da herrscht Ordnung und Friede. Wo sie nicht gelten, sondern vielleicht sogar durch den Staat und seine Organe untergraben werden, dort herrscht schlie§lich brutale Gewalt, WillkŸr, Friedlosigkeit und Sittenlosigkeit.

Was die 10 Gebote, die Gott auf dem Berg Sinai in die zwei steinernen Tafeln gemei§elt und ins Menschenherz hineingeschrieben hat, fŸr uns Menschen bedeuten? Wir kšnnen sie vergleichen mit Wegmarkierungen zur Hšhe, mit Wegweisern auf dem Weg des Menschen zum wahren GlŸck, mit LeuchttŸrmen auf der nŠchtlichen, stŸrmischen †berfahrt Ÿber das brandende Meer der Erdenzeit, mit festen, starken DŠmmen gegen die zerstšrerischen Wildwasser menschlicher Leidenschaft und Triebhaftigkeit.

Wer die 10 Gebote in ihrer alles Ÿberragenden Bedeutung fŸr Sitte und Kultur und wahrhaft humanes Zusammenleben der Menschen verkennt, der darf von den Menschen auch die Beobachtung der staatlichen Gesetze nicht erwarten, denn wo die 10 Gebote Gottes nichts mehr gelten, da werden 10.000 Staatsgesetze keine Rechtsordnung aufbauen kšnnen; wo die 10 Gebote Gottes missachtet werden, wird der brutalen Gewalt und WillkŸr, der Unfreiheit und Knechtschaft TŸr und Tor gešffnet, und nichts, gar nichts dann noch sicher, auch nicht das selbstverstŠndlichste Menschenrecht und Všlkerrecht. Ja, die 10 Gebote sind Grund und Fundament aller Sittlichkeit, aller Kultur, aller MenschenwŸrde und allen wahren GlŸcks!

Von der Hšhe des Berges Sinai mit den dort proklamierten 10 Geboten Gottes kann der Mensch einen Blick tun in die Hšhe, in die Weite und in die Tiefe.

a)    Einen Blick in die Hšhe, zu Gott, der der Anfang von allem und das Ziel von allem ist: Auf Gott und seine Ehre muss alles im Menschenleben ausgerichtet sein. Und was von Gott wegfŸhrt und Ihm die schuldige Ehre raubt, das ist SŸnde und Frevel an der MajestŠt des Schšpfergottes, der ein eifersŸchtiger Gott ist. Heute mšchte man zwar vielfach die Religion in einem vagen Humanismus auflšsen und nur noch die horizontale des rein Mitmenschlichen gelten lassen, aber diese Horizontale verliert ihre verpflichtende Kraft, wo die Vertikale der Bindung des Menschen an Gott aufgegeben und Ÿbersehen wird, dass unsere erste und grš§te Aufgabe die Gloria Dei ist.

b)    Ein Blick in die Weite des Mitmenschlichen im Sinn des 4., 5., 6., 7. und 8. Gebotes hat nur dort seinen verpflichtenden Charakter, wo der Blick auf die erste Gesetzestafel nicht unterlassen wird. Dann und nur dann wird uns im 4. Gebot Achtung vor den gottgewollten Ordnungen der Familie, des Staates, der Kirche und ihren †berordnungen und Unterordnungen mit Erfolg beigebracht, denn auch in unserer Zeit der Betonung des demokratischen Prinzips und des Dialogs lŠsst sich ohne AutoritŠt, die von Gott her entlehnt wird, keine wahre Ordnung aufbauen. Im 5. Gebot hŠlt Gott seine schŸtzende Hand Ÿber das Menschenleben, auch das erst werdende im Mutterscho§. Nur Gott kann es geben, nur Er darf es wieder nehmen und jeder Mord ist Frevel gegen den Herrn Ÿber Leben und Tod, ob es nun um Brudermord in Vietnam und anderswo oder um Mord am ungeborenen Leben geht. Im 6. Gebot stellt Gott den Paradiesesengel mit dem Flammenschwert vor das Heiligtum der Quelle des Lebens und seiner Fortpflanzung in der Geschlechtskraft und in der Ehe, die nicht entweiht und missbraucht und manipuliert werden darf. Im 7. Gebot wird das Eigentumsrecht, diese Garantie eines menschenwŸrdigen Lebens in Schutz genommen, wenn es auch mit der sozialen Hypothek zum Lastenausgleich gegenŸber dem Bruder in Not belastet ist. Im 8. Gebot soll das Gift der LŸge vom menschlichen Zusammenleben ferngehalten und das gegenseitige Vertrauen als notwendige Voraussetzung fŸr menschliches Zusammenleben gesichert werden.

c)     Ein Blick in die Tiefe, in die Tiefe des Menschenherzens: Denn das 9. und 10. Gebot wollen ja gemŠ§ den Absichten Gottes nichts anderes, als aus dem Menschenherzen den Schmutz bšser, niedriger, gemeiner Gedanken und Begierden fernzuhalten, damit es in seiner Tiefe fŠhig bleibe, Gott aus ganzem Herzen zu lieben und Gott einmal zu schauen in seiner ganzen Grš§e und Herrlichkeit!

Wie aber ergeht es den Geboten Gottes? Damals, als Moses sie auf dem Berg Sinai in Empfang genommen hatte? Und damals, als St. Konrad Hirte und WŠchter wahrer Sittlichkeit in diesem Landstrich war? Und heute?

Oben auf der Hšhe des Berges Sinai gibt Gott dem Moses fŸr das auserwŠhlte Volk das Bundes-Grundgesetz der 10 Gebote. Und unten, in der Ebene, tanzt das Volk um das goldene Kalb. So sind die Menschen: Gedankenlos, treulos, haltlos und dann beklagen sie sich, wenn Gott seine Strafgerichte schickt... So wie das Strafgericht gleich Ÿber das treulose Bundesvolk hereinbrach...

BrŸder und Schwestern in Christus! Bedenken wir es in dieser Zeit, in der wir alle angekrŠnkelt und angesteckt sind vom Zeitgeist des praktischen Materialismus: Nicht der Tanz um das goldene Kalb immer hšheren Lebensstandards macht glŸcklich, sondern nur die Treue gegen den Bundesherrn und sein Grundgesetz in den 10 Geboten! Das hat sicher der hl. Bischof Konrad – beeindruckt vom Anblick des Berges Sinai – dann nach RŸckkehr in sein Bistum seinen GlŠubigen immer wieder eindringlich gepredigt und vorgelebt, denn es hei§t in der Biographie von ihm: ãCuncta, quae aliis praedicabat, opere ipse prius exercebat...

Alles, was er den anderen predigte, lebte er ihnen zuerst vor, damit er ja nicht, nachdem er anderen gepredigt hatte, selber verworfen wŸrdeÒ.

Das ist auch heute noch die grš§te Sorge jedes verantwortungsbewussten Bischofs und Priesters in der Seelsorge.

An den PlakatsŠulen Berlins hat man vor ein paar Jahren – veranlasst durch P. Leppichs Aktion 365 – in Gro§format die 10 Gebote Gottes plakatieren lassen. Unter den Kino- und Theateranzeigen, den Waschmittel- und Zigarettenreklamen und den Einladungen zu hei§en Partys in Nachtlokalen stand da das Zehngebot vom Berge Sinai. Bei einem bekannten Berliner Pfarrer, der dieser Aktion sehr skeptisch gegenŸberstand, erwachte die Neugierde: wird wohl auch nur ein einziger der VorŸbergehenden die 10 Gebote an der Plakatwand beachten? Der Pfarrer stellte sich – gleichsam mit versteckter Kamera – auf Beobachterposten. Er stand dort nicht lange. Da merkte er, wie ein sonnengebrŠunter junger Mann vor der Plakatwand stehen blieb und schaute und las und dann einen Notizblock herauszog und zu schreiben anfing. Er schrieb die 10 Gebote Gottes ab, die ihm wohl všllig unbekannt waren. Mitten in einer Gro§stadt, die  hunderten von Gštzen dient, interessierte sich ein junger Mensch fŸr die Gebote des wahren Gottes, der Himmel und Erde gemacht hat. Geheimnis der Gnade Gottes, die eine Seele anrŸhrt... wie mŸssten erst jene Menschen, die im katholischen Glauben aufgewachsen sind, oder gar Menschen, die Gott mit Ganzhingabe zu dienen gelobt und darum zur Hšhe der Vollkommenheit und Heiligkeit gelangen wollen, den Willen Gottes betrachten und darauf bedacht sein, was Gott will und wie Gott will, dass Ihm gedient werde...

Die Heiligen waren darauf bedacht, sie mieden alles, was Gott beleidigen kšnnte und rangen sich empor hinauf zur Hšhe, heraus aus allem Sumpf, wissend um die Frage des Psalmisten: ãQuis ascendit in montem Domini, Wer steigt empor zum Berg des Herrn oder wer wird stehen an heiliger StŠtte? Der, dessen HŠnde sauber sind (in ihrem Tun) und dessen Herz rein ist (in seiner Gesinnung)!Ò St. Konrad war ein solcher. Er war nicht nur ein Prediger der gesunden Lehre, er lebte auch vorbildlich in Treue gegen Gottes Gebot das vor, was er predigte. ãKeiner fand sich, der gleich ihm gehŸtet das Gesetz des Allerhšchsten!Ò So hei§t es von ihm. €hnliches lŠsst sich von allen anderen Heiligen sagen. Wir sollten wieder viel mehr auf sie schauen. Amen